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Tempolimit auf Deutschland Datenautobahnen

von Kay Birkner

Der Ausbau des Breitbandnetzes ist in Deutschland noch längst nicht fertiggestellt. Vor allem gewerbliche Betriebe leiden unter den zahlreichen noch nicht erschlossenen Regionen. Doch selbst in ländlichen Gebieten gibt es jetzt Hoffnung!

 

Deutschlands Internet lahmt

 

Glaubt man der Bundesregierung, ist Deutschland auf dem besten Weg, schnelles Internet allen zugänglich zu machen. Denn im Juni diesen Jahres verkündete Philipp Rösler, Bundeswirtschaftsminister, die neuesten Zahlen zum Breitbandausbau. Laut Auskunft des Ministeriums sei die Grundversorgung mit 99,7 Prozent aller Haushalte bis Ende 2012 fast flächendeckend abgeschlossen. Dies klingt nach einem Riesenfortschritt, wenn man die Zahlen von 2010 vergleicht: ein Plus von 560.000 Haushalte!

Doch leider relativiert sich der Erfolg schnell, wenn man schaut, was sich hinter diesen Zahlen verbirgt. Denn mit dem Wort „Grundversorgung“ sind alle Anschlüsse mit einer Geschwindigkeit von mit mindestens einem Megabit pro Sekunde (Mbit/s) gemeint. Vor etlichen Jahren noch eine großartige Sache, doch inzwischen leider nicht mehr zeitgemäß!

Heute, in Zeiten von hochauflösenden Videos, Online-TV und Internet-Telefonie, sind die Ansprüche drastisch gestiegen. Und dies gilt nicht nur für Privatleute, sondern auch und vor allem für Unternehmen.

Bereits heute richtet eine Grundversorgung mit ein bis zwei Megabit pro Sekunde (entspricht 2.000 Kbit/s) schon lange nicht mehr aus. Videokonferenzen, Cloud-Computing und Big-Data-Anwendungen verlangen nach glasfaserbasierende Hochgeschwindigkeitsnetze, so Katrin Sobania, Deutscher Industrie- und Handelskammertag. Ausschließlich Glasfasernetze bieten stabile Breitbanddienste, die den gewachsenen Bedarf decken. Doch noch immer sind teilweise ganze Gewerbegebiete unzureichend versorgt.

 

Kein Geld im Bundeshaushalt vorhanden

 

Der Küchen- und Hausgerätehersteller De´Longhi musste diese Erfahrung viele Jahre lang machen. Er zog 2002 in das hessische Seligenstadt, um im dort ansässigen Froschhauser Industriegebiet eine gute Infrastruktur zu erhalten. Geschäftsführer Helmut Geltner hat sich jahrelang mit langsamen Leitungen geplagt. Schließlich ist das internationale Unternehmen im Geschäftsalltag darauf angewiesen, große Datenmengen zu transportieren. Doch anfangs war dies nur im ISDN-Tempo und später mit zwei Mbit/s möglich – viel zu wenig!

Das Unternehmen, welches die Markenrechte für Braun-Elektrokleingeräte innehält, benötigt jedoch mindestens zehn Megabit pro Sekunde. Inzwischen ist es ans Glasfasernetz mit über 100 Mbit/s angeschlossen. Allerdings in Neu-Isenburg, denn das Unternehmen verlegte seinen Standort unter anderem wegen des schlechten Internets dorthin und Seligenstadt verlor seinen wichtigsten Gewerbesteuerzahler und Arbeitgeber mit einem Umsatz von 220 Millionen Euro!

Doch es tut sich etwas, und nicht nur für Gewerbebetriebe, die auf eine schnelle Verbindung angewiesen sind. Das Kabelfernseh-Unternehmen Unitymedia baut in Nordrhein-Westfalen und Hessen ein neues Netz mit schnellen Glasfaserleitungen aus.

Bis zu 50.000 Euro kostet ein Kilometer der schnellen Leitung. Vierfünftel der Kosten entfallen auf den Tiefbau. Wo möglich, verlegen die Energieversorger vor Ort bereits Leerrohre, die später mit Glasfaser durchzogen werden können. Dadurch sind gemäß Angaben des Energiekonzerns RWE in Niedersachsen, NRW und Rheinland-Pfalz bereits 120.000 Haushalte an das schnelle Netz angeschlossen.

Anderswo beteiligen sich die Kommunen mit Kostenzuschüssen oder lassen selber den Bagger anrollen. In Betzdorf im Westerwald wurde eigens dafür eine regionale Entwicklungsgesellschaft ins Leben gerufen.

Wie der Bundesverband Breitbandkommunikation berichtet, kommen die Regionalbetreiber wie Unitymedia zehnmal schneller als die Telekom voran. Während sich die Deutsche Telekom überwiegend auf Ballungsgebiete konzentriert, übernehmen die Privatversorger auch den Ausbau in ländlichen Regionen. Fest steht, dass sich der Markt neu orientiert und der Investitionsbedarf für den Ausbau des Glasfasernetzes auf 80 Milliarden Euro geschätzt wird. Und das Bundeswirtschaftsministerium hat bereits signalisiert, dass im Bundeshaushalt keine Spielräume für ein umfassendes Förderprogramm vorhanden sind.

Die Deutschen müssen wohl mit dem Tempolimit auf der Datenautobahn noch länger leben!

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