Hoffnungsvolles Warten auf das WEPad
Als Helmut Hoffer von Ankershoffen im März den offiziellen WEPad-Starttermin für Mai 2010 ankündigte, bezeichnete er das Gerät noch hoffnungsvoll und optimistisch als ernst zu nehmenden Konkurrenten des iPads von Apple. Der Termin war günstig, denn auch das iPad sollte im Monat Mai an den Start gehen.
Der Starttermin wurde zunächst aufgrund zahlreicher Pannen bis August und dann noch einmal in den September verschoben. Der endgültige Starttermin verschob sich letzten Endes um ein halbes Jahr. Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn ein kleines deutsches Unternehmen im direkten Vergleich gegen den großen Konkurrenten aus Kalifornien angetreten wäre.
Vom vielversprechenden Konzept zur mangelhaften Umsetzung
Das WEPad wurde gemeinsam von den Unternehmen Neofonie, Pegatron und 4tiitoo entwickelt. Die Berliner IT-Agentur Neofonie konnte die Erwartungen aber leider nicht erfüllen und hat sich mit dem Projekt WEPad eindeutig übernommen. Und obwohl das WEPad durchaus ein sehr vielversprechendes Konzept aufwies, war es in der Umsetzung dann wohl doch schwieriger als gedacht.
Das WEPad unterscheidet sich im konzeptionellen Ansatz vom Konkurrenten iPad. Anders als das iPad ist das WEPad offen, besitzt gängige Schnittstellen wie USB und ermöglicht das Abspielen von Flashvideos. Für das WEPad sollen ebenfalls zahlreiche Apps zur Verfügung stehen, die jedoch nicht so eingeschränkt verfügbar sind, wie es bei Apple und der Plattform iTunes der Fall ist.
Die Bedienung des WETabs soll per Mulitouchscreen möglich sein, eine Funktion, die jedoch auch beim Verkaufsstart noch nicht funktionierte. Eines der Hauptziele des WEPads war auch, eine Softwarelösung für Verlage zu entwickeln und das Gerät zum Lesen von elektronischen Medien zu nutzen.
Eine peinliche Vorstellung auf der Pressekonferenz
Als das WEPad am 12. April auf der ersten Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, verlief die Präsentation alles andere als optimal, da festgestellt wurde, dass das Gerät noch gar nicht funktionsfähig war. Der Schwindel flog erst auf, als Zuschauer während der Vorführung des Prototyps bemerkten, dass auf dem Screen eine Fehlermeldung erschien, die den Demofilm unterbrach und auf dem Gerät statt des Betriebssystems WEPad OS, nur ein Software-Video gezeigt wurde.
Nach dieser ersten peinlichen Präsentation wurde das Gerät von der Presse bereits als eine große Veräppelung bezeichnet. Der WEPad-Hersteller hat diesen Vorfall damit begründet, dass die aktuellen Gerätemodelle angeblich vom Kölner Zoll aufgehalten wurden. Später räumte er jedoch ein, dass bei der Vorstellung des WEPads lediglich ein Demofilm lief, weil das Gerät zu diesem Zeitpunkt einfach noch nicht lauffähig war.
Aus dem WEPad wurde das WETab
Nach diesem ersten Desaster folgte auch gleich die nächste Hiobsbotschaft. Das Gerät WEPad wurde am 7. Mai 2010 in WETab umbenannt, was wiederum für viel Verwirrung und Spekulationen sorgte. Der Hersteller gab als Begründung an, dass sich das Produkt damit besser im internationalen Markt der Tablet-PCs von der Konkurrenz abgrenzen könne. Die genauen Hintergründe der Umbenennung sind zwar nicht bekannt, es wird jedoch vermutet, dass man mit diesem Schritt eine mögliche Klage von Apple wegen einer Markenrechtsverletzung vermeiden wollte, da der Name WEPad zu sehr dem iPad von Apple ähnelte.
Es wird vermutet, dass Apple den Begriff „Pad“ bereits im Vorfeld markenrechtlich schützen ließ. Zu den genauen Gründen der kurzfristigen Umbenennung hat Neofonie jedoch noch keine Stellung genommen.
Die Mängelliste des WETab ist lang
Nach einer Verzögerung von einem halben Jahr wurden die ersten Geräte im September 2010 endlich in den Handel ausgeliefert. Das Interesse am Gerät war zunächst auch groß, bis die ersten Käufer enttäuscht die zahlreichen Einschränkungen und Mängel des Gerätes erkannten. Ein viel zu lauter Lüfter, der zudem im Betrieb auch noch einen unangenehmen Geruch erzeugte, war nur einer von vielen Ärgernissen. Mit einer verkürzten Akkulaufzeit von maximal vier Stunden, einem stark eingeschränkten Blickwinkel bis hin zum langsam reagierenden Touchscreen, das Gerät konnte die großen Erwartungen keinesfalls erfüllen.
Die vom Hersteller so groß angekündigten Funktionen waren nur teilweise oder fehlerhaft umgesetzt worden. Multitouch fehlte komplett, die Funktion, die die Bedienung des Tablet-PCs – mit mehreren Fingern gleichzeitig – ermöglichen sollte. Das war anscheinend so ein großes Problem, dass die Beschreibung zur Multitouchfunktion auf der Produktwebsite sogar kurzzeitig komplett entfernt wurde.
Geschäftsführer Ankershoffen tritt nach Blamage zurück
Um das WETab positiv zu vermarkten, kam Helmut Hoffer von Ankershoffen, der Geschäftsführer der WeTab GmbH, auf die glorreiche Idee, sich mit mehreren Fake-Accounts bei Amazon anzumelden, um dort positive Nutzerbewertungen zu simulieren. Ziel der Aktion war, den Eindruck von zufriedenen WETab-Kunden zu vermitteln und Kaufanreize zu geben. Der Schwindel flog auf, als ein Blogger den Betrug erkannte, seine Rechercheergebnisse dokumentierte und anschließend alle Hinweise an die Medien weitergab.
Nach zahlreichen Berichten in der Öffentlichkeit gab von Ankershoffen den Skandal zu und trat wenig später, am 4. Oktober 2010, von seiner Funktion als Geschäftsführer der WETab GmbH zurück und gab „persönliche Motive“ als Grund für den Rücktritt an.
Neofonie steigt aus
Als Konsequenz der ganzen Skandale entschied sich Neofonie am 15. November dafür aus dem Joint Venture mit den Unternehmen 4tiitoo AG auszusteigen und damit nicht weiter an der Entwicklung des Geräts teilzuhaben. Die Trennung erfolgte einvernehmlich zwischen beiden Parteien. Das extra für die Herstellung und Vermarktung des WETabs gegründete Joint Venture löst sich damit auf und die 4tiitoo AG übernimmt die WETab GmbH.
Zur Begründung gab Neofonie an, dass die Komplexität der E-Publishing-Software WeMagazin unterschätzt wurde. Der größte Kunde Gruner & Jahr, der an diesem Projekt mitwirken sollte, war bereits Anfang Oktober ausgestiegen.
Fazit
Was so vielversprechend begann, endete in einem absoluten Desaster. Das „Problem-Pad“, wie es einige nennen, ist auch nach einigen Software-Updates alles andere als empfehlenswert. Das Online-Magazin Chip sprach von einem Gerät, das sich höchstens in der Betaphase befindet, da die meisten grundlegenden Funktionalitäten immer noch nicht fehlerfrei laufen.
Mit den neuesten Updates ab Version 2.0 wurden zumindest die Funktionalitäten wie Multitouch, der Fernsehempfang mit einem DVB-T Stick und die Möglichkeit, vorhandene Probleme durchFirmware-Updates zu beheben, realisiert.
Bevor die Probleme aber noch nicht komplett beseitigt wurden, kann man noch keine Kaufempfehlung aussprechen. Aber vielleicht sollte man die Hoffnung nicht zu früh aufgeben und das WETab kommt nach einigen Anfangsschwierigkeiten doch noch zum erhofften Erfolg.